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01 Oct 2017
Ich bin der Sohn einer Schusswaffe

Falls ihr es schon immer merkwürdig fandet, dass auf der einen Seite quasi nur elitäre Vollpfosten Medizin studieren und auf der anderen Seite unter den bereits Praktizierenden aber auch einfach keine empathischen oder guten Ärzte zu finden sind, gibt unser Grillmöbel-Interview vielleicht einen Wink. Um den gängigen Mythen über Ärzte (nicht „die Ärzte“, das interessiert niemanden) auf den Grund zu gehen, sprachen wir heute mit 2 Vertretern des beliebten Berufszweiges, Clarissa von Moor und Robert R. Steiner.


GM: Wie stehen Sie dazu, dass wir von „2 Vertretern“ sprechen, obwohl hier heute ja beide Geschlechter vertreten sind?

RRS: Ich denke, ich spreche auch für Fräulein van Moos, wenn ich sage, dass wir das für völlig in Ordnung halten.

CvM: Richtig, wir haben ja auch nicht Genderwahn studiert, sondern ein richtiges Fach - …

Beide: -… Arzt.

Sie geben sich 5.

RRS: Ob man für ein Genderwahn-Studium wohl auch einen Einserschnitt braucht?

Beide kichern vor sich hin.

GM: Entschuldigung, wir stellen hier die Fragen, auch die rhetorischen. Sie sind ja beide schon etwas länger im Geschäft. Kann man überhaupt von einem „Geschäft“ sprechen?

RRS: Auf jeden Fall! Und sollte man auch. Besser verdienen nur CEOs, Staatsoberhäupter, Profisportler und Hollywoodstars. Und sehen Sie sich die doch mal an, die müssen dafür ja wohl auch schuften. Ohne einen Privatstab an Ärzten wie uns würden die glatt nur so alt werden wie … nun ja, der Durchschnitt. So aber bleiben uns sympathische Zeitgenossen wie George H. W. Bush und Hugh Hefner bis ins hohe Alter erhalten. Dafür liebe ich meinen Beruf.

CvM: Wäre ich nicht Privatärztin, würde ich wohl daran forschen, wie der Mensch unsterblich werden kann.

GM: Denken Sie nicht, es gibt Dringenderes auf der Welt, wofür Geld und Kapazitäten gebraucht werden?

CvM: Ach, Sie haben schon Ihren ganzen humanistischen Impetus verloren! Menschsein kann auch heute noch bedeuten, nach den Sternen zu streben und das Unmögliche möglich zu machen! Ich würde meine halbe Rente darauf verwetten…

RRS: Die Hälfte Ihrer Rente ist immer noch weit entfernt von Altersarmut…

Beide kichern wieder.

GM: Frau von Moor?

CvM: … darauf verwetten, dass in 3 Jahren spätestens der erste menschliche Kopf transplantiert worden sein wird! Das ist die Zukunft! Und da haben auch alle was davon.

GM: Inwiefern?

CvM: Na ich sagte das ja bereits. Ein Traum der Menschheit wird in Erfüllung gehen! Da muss man auch mal sich selbst hinten anstellen! Die Geschichte unserer Spezies wird neu geschrieben werden müssen!

GM: Wenn sie bis dahin überlebt… eine Frage an Sie, Herr Steiner. Sie sind Kassenarzt, nicht wahr?

RRS: Richtig.

GM: Wie passt das zu Ihren vorherigen Beiträgen, die ja durchaus elitär zu werten sind?

RRS: Nun, ich mag Kassenpatienten, weil sie ängstlicher und höriger sind. Die Privaten erwarten eine Art gegenseitigen Respekt, das stelle ich mir sehr anstrengend vor.

CvM: Aber die vielen Kassenpatienten! Ich möchte daran nicht denken. Überhaupt immer diese vielen Kranken! Sie müssen wissen, dass sich viele Krankheiten auch äußerst unvorteilhaft auf Aussehen und Geruch der Personen auswirken.

GM: Was war ihre schwierigste Erfahrung in dieser Hinsicht?

CvM: Hm, wahrscheinlich diese eine Frau, der mal eine Zyste geplatzt ist. Ich meine, stellen Sie sich das doch mal vor, das sieht man ja zum Glück nicht, aber trotzdem. Wenn sie mich fragen: Wer solche Sachen kriegt, mit dem kann sowieso etwas nicht stimmen.

GM: Wollen Sie etwa sagen, dass Krankheiten die Menschen verdientermaßen befallen?

CvM: Vielleicht nicht gerade, aber es kann doch auch kein Zufall sein, dass erfolgreiche und wohlhabende Menschen insgesamt signifkant gesünder sind als die sogenannte Unterschicht. Das ist statistisch belegt!

GM: Nein, Zufall ist das sicher nicht…

RRS: Die müssten sich nur an die empfohlenen Richtlinien für eine gesunde Lebensführung halten! Richtige Ernährung, viel Sport und vor allem Stress und psychische Belastung vermeiden! Wir Ärzte wissen da Bescheid.

CvM: Genau, wieso vermeiden die nicht einfach Stress? Wir beraten doch immer wieder, dass das nicht gesund ist. Ich kann das nicht verstehen!

GM: Ich könnte da vielleicht helfen. Aber zunächst möchte ich den zentralen Mythos um Ihren Beruf ansprechen: Ist es wirklich wahr, dass man als Arzt nie krank wird?

RRS: Ja und Nein.

CvM: Dem schließe ich mich an.

GM: Können Sie das näher ausführen?

RRS: Nun, zum Einen werden wir wirklich kaum krank, weil wir ja wissen, wie man gesund bleibt. Wir ernähren uns immer nach den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft, und wenn die sich ändern, und die guten Fette plötzlich die bösen sind und umgekehrt, dann ändert sich halt der Speiseplan – Hauptsache immer die richtige Ernährung leben! Das mit dem Sport ist unter uns gesagt auch nur wichtig, wenn man es nicht schafft, Stress zu vermeiden. Denken Sie, Leute wie Dieter Bohlen oder Queen Elizabeth machen Sport?

CvM: Für die wird jede noch so geringe Belastung aus dem Weg geschafft, die brauchen da keinen Ausgleich. Hören Sie auf meinen Rat: Wenn Sie die Chance haben, dass alles in Ihrem Leben von Anderen übernommen wird und/oder eine Sänfte Ihr Hauptfortbewegungsmittel sein könnte, nutzen Sie sie!

RRS: Diese Leute können gemütlich allen anderen beim langsamen Vergehen zusehen. Will das nicht jeder von uns?

GM: Bei manchen wäre mir ein schnelles Vergehen lieber. Haben Sie Tipps für andere Ärzte, wie man es vermeidet, sich bei Patienten anzustecken?

RRS: Solche Informationen müssen intern bleiben. Nicht umsonst bin ich Internist.

Beide kichern.

GM: Frau von Moor?

CvM: Ich diagnostiziere einfach nie ansteckende Krankheiten!

RRS: Für den Fall, dass ich wirklich einmal nicht in die Praxis kann, gibt es das klassische Prozedere.

GM: Wie sieht das genau aus?

RRS: Wenn ich fehle, fragt meine Sprechstundenhilfe jeden Patienten, ob er schonmal bei Herrn Steiner war. Sie kennen das vielleicht.

CvM: Ich muss immer lachen, wenn ich daran denke: „Waren Sie schonmal bei Frau Doktor? Waren Sie schonmal bei Frau Doktor?“ Die Leute haben keine Ahnung, weshalb das gefragt wird, aber es ist so harmlos, dass alle einfach antworten.

GM: Und wozu die Frage?

RRS: Dadurch stellen wir fest, wer mich wiedererkennen kann. Diese Leute werden dann mit der Ansage „Herr Steiner ist für heute voll“ nach Hause geschickt. Alle anderen werden von einem Schauspieler abgearbeitet, der sich für mich ausgibt.

GM: Aber…

RRS: Das ist ganz unbedenklich. Der hat klare Anweisungen. Die meisten Leute haben eh nichts oder wollen nur eine Krankschreibung. Wenn der Fall schwieriger ist, werden zuerst Quacksalberkuren, zB Homöopathie oder TCM verordnet, dann beschwert sich niemand, dass nichts unternommen wurde, weil das in Deutschland angesehene Methoden sind, obwohl sie ja sehr offensichtlich nicht funktionieren.

CvM: Aber erklären Sie das mal jemandem, während überall für Schüßler-Salze und heilpraktische Schamanismus-Sessions geworben wird. Dann machen wir uns das lieber zunutze.

RRS: So kann ich mich dann in Ruhe erholen und weiß meine Praxis in guten Händen. Bei längeren Fehlzeiten empfiehlt sich eine Gemeinschaftspraxis, das kommt auch bei den Patienten gut an, weil es eine Art Sparzwang und Achtsamkeit impliziert – als könnten wir uns nicht jeder einzeln eine Altbauwohnung zum Praktizieren leisten, hehe.

Beide kichern wieder.

GM: Es ist immer wieder davon die Rede, dass sich die Situation im Gesundheitssystem zuspitzt. Überfüllte Praxen, völlig überlastete Angestellte, Missbrauch der Extraleistungen, zu teure Medikamente. Wieso gibt es da kein Aufbegehren?

CvM: Wer soll da aufbegehren? Ich weiß nicht, wovon Sie reden.

RRS: Auch ich habe ehrlich gesagt den Faden verloren. Alles ist doch gut, wie es ist.

GM: Danke für das aufschlussreiche Gespräch. Und jetzt gehen Sie bitte schnell.

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