grillmoebel
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13 May 2015
Bitte ziehen Sie sich ganz aus oder halten Sie wenigstens ihre Schambeinfuge in eine andere Richtung

Ich habe es schon einmal gesagt und hundertmal mehr gedacht: das Leben zu genießen wird schwieriger, je näher man dem Ziel kommt, zu wissen, warum die Welt ist, wie sie ist. Meint, je mehr ich über globale gesellschaftliche Zusammenhänge in Erfahrung bringe, desto näher komme ich einem Zustand, den ich zuvor Weltschmerz genannt habe, von dem jetzt aber der Meinung bin, dass es sich um etwas anderes handelt, nämlich eine Erkenntnis, die eigentlich zu düster scheint, um sie tatsächlich zu denken. Aber da ich weniger Angst davor habe, bekloppt zu werden, als jemand zu werden, der sich anpasst und damit zu den unfassbaren Verbrechen, die öffentlich allerorts begangen werden, seinen Teil beiträgt, denke ich sie und erkenne, dass diejenigen, die sich vor all dieser Scheiße nicht verschließen, die nicht die Härte anbeten, die nicht bereit sind, ihre Selbstbestimmung abzugeben, die Widerstand gegen Ungerechtigkeit leisten wollen, kurz: die Guten, nicht nur von den Herrschenden systematisch verfolgt, eingesperrt und getötet werden, sondern darüber hinaus von innen zwingend von Überforderung, Depressionen, endlosen und endlosen Kämpfen heimgesucht werden, also durch die etablierten Mechanismen dafür bestraft werden, dass sie das Unrecht nicht abnicken, das stattfindet. Das ist ein ziemlich beschissener Zustand, wenn man mal darüber nachdenkt. Ich habe darüber nachgedacht und mich darüber gewundert, dass bei mir lange Zeit die Erwartung eines gewissen Gleichgewichts oder gar die Überzeugung, dass alles schon irgendwie richtig läuft, vorhanden war, so nach dem Motto: „Der Mensch muss doch so geschaffen sein, dass er mit alledem fertig wird.“ Da der Mensch ja gerade nicht geschaffen ist, um irgendwas zu tun, sondern ein glücklicher Zufall, der absolut nichts zielführendes beinhalten kann, ist das natürlich Quatsch. Es ist andererseits sogar sehr wahrscheinlich, dass der Mensch, so er ehrlich zu sich selbst ist, absolut nicht mit dem zurechtzukommen imstande ist, was so passiert bzw. wäre es eigentlich eine Schande, wenn er es täte. Den Eindruck loszuwerden, dass ja doch alles irgendwie ok läuft, ist allerdings schon etwas schwieriger, zumindest wenn man in einem Land wie Deutschland lebt, das derart privilegiert ist, dass man globale Entwicklungen ohnehin eigentlich nur – um es schmeichelhaft auszudrücken – völlig verblendet wahrnehmen kann. Dazu kommt, dass das Gros der Leute hierzulande in einer Art und Weise erzogen wird, die genau das sagt, dass nämlich alles ok läuft, sei es durch Verbannung jeder Kritik, durch die Unglücksehe religiöser Tradition und deutscher Tugenden, durch neoliberal geschulte Ignoranz oder einfach, weil man zu sehr damit beschäftigt ist, zu überleben, um sich um irgendwas wichtiges zu sorgen oder kümmern.
Wirklich wichtig ist deswegen, die unglaublichen Verbrechen, die überall begangen werden, im Namen des Kapitals, im Namen der Religionen, im Namen der Demokratie, nicht auszuklammern, nicht kleinzureden und sich klar davon abzugrenzen. Das heißt ja nicht, dass man nicht mehr Junk Food zu sich nehmen oder Dubstep-Tracks produzieren darf. Aber wieviel hilft es, zu sehen, dass selbst Leute, die irgendwie gezwungenermaßen von diesem bekackten System abhängig sind, sich klar positionieren und zumindest in jenem letzten Bereich, was dieses System sich nicht einverleiben kann, nämlich im Denken, autonom, gerechtigkeitssuchend und unangepasst bleiben!
Kaum etwas ekelt mich so sehr an wie den Kompromiss zu suchen, den ich mit den Herrschenden eingehen muss (denn ohne kann ich nicht leben, dafür hat der Kapitalismus gesorgt), aber noch mehr kotzen mich Leute an, die hochhalten, dass ja nicht alle Entwicklungen schlecht sind, die im Zuge entfesselter Wirtschaftspolitik entstanden sind und dann sagen, dass es deshalb keine Lösung ist, alles kurz und klein zu schlagen. Ach was! Hm, die NS-Tierschutzgesetze sind so progressiv, da lassen wir das geplante Attentat auf Hitler und seine Führungsriege vielleicht doch lieber… Hm, eine so gute wirtschaftliche Infrastruktur wie unter dem IS gab es schon lange nicht mehr ein dieser Region, also lassen wir die am Besten doch weiter Völkermorde ausrichten…
JEDE gute Entwicklung, die es unter dem kolonialen Kapitalismus gibt, könnte auch in einem besseren System stattfinden, wo nicht die Hälfte der Teilnehmer unter Krieg, Hunger, Pestilenz und Tod leidet. Jede. Da alles ambivalent ist (außer vielleicht GNTM), ist davon auszugehen, dass auch auf repressiven Herrschaftsverhältnissen und Ausbeutung basierende Systeme irgendwo ihre guten Seiten haben. Wovon wir weg müssen, ist, uns davon die Sicht vernebeln zu lassen. Also bitte in Zukunft die Scheiße anerkennen, die besteht und ebenfalls anerkennen, dass sie überwunden gehört.
Denn selbst wenn man der Ansicht ist, aus der Menschheitsgeschichte herauslesen zu können, dass ja ohnehin keine Hoffnung besteht, da „wir“ die meiste Zeit ökonomisch und selten moralisch handeln und sogar wenn man einen determinierten Verlauf unseres Universums annimmt, gibt es immer noch ein Totschlagargument der Guten und das heißt: The Future is unwritten.
Versuch erst garnicht, dagegen zu argumentieren, es geht nicht und das ist gut so. Obwohl offensichtlich alles dafür getan wird, einen Status Quo zu konstruieren, damit wir the unwritten future mit der Gegenwart verwechseln und nicht auf dumme Gedanken kommen, liegt die Hoffnung zwangsweise in zukünftigen Entwicklungen, wo auch sonst? Für UNS wünsche ich mir eigentlich, dass die Krisen auch mal hierher kommen, aber das Problem ist, dass Herrschaftsverhältnisse so funktionieren, dass diejenigen, die Krieg und Krisen planen und steuern, meist unbeschadet bleiben. Vielleicht sollte jemand dafür sorgen, dass sich das mal ändert.
Zusammengefasst habe ich die Nase voll davon, zu hören, dass nicht alles scheiße ist, nur aus Angst, dass es doch so ist. Klar, es gibt supertolle Dinge wie gute Bücher, zwischenmenschliche Beziehungen mit all ihren Herausforderungen, lecker Essen, sexuelle oder asexuelle Libertinage, Michael Jackson und die Natur mediterraner Inseln, aber das sind halt Dinge, die für den gesamtgesellschaftlichen Kontext irrelevant sind, solange es noch genügend verhärtete Wesenheiten (Menschen will ich das nicht mehr nennen) gibt, die kein Problem darin sehen, dass die Welt so funktioniert, dass sie selbst 6 Privatjets haben und andere in ein Umfeld hineingeboren werden, wo sie nur kaputtgehen können. Diese Unterscheidung zu machen ist einfach notwendig und auch wenn es Angst macht, sich Chaos und Zerstörung vorzustellen, …?

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