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10 Mar 2019
Der Fahrradladen deines Vertrauens ist ein Trottel

Ich weiß nicht, ob mein Interesse an diesem Thema meinem Gilmore Girls-Bingewatching geschuldet ist, aber in wenigen Tagen gab es soviel neuen Input dazu wie in den zehn Jahren zuvor zusammengenommen. Warum es geht? Nun, wir alle wissen um den gleichsam verstörenden wie belustigenden Effekt von fiktiven Mutter-Kind-Dialogen, in denen erstere übertrieben gewaltvoll zu letzterem spricht. In der erwähnten Serie finden wir jenes Stilmittel in seiner harmlosesten Version, im – zwar – gewaltvollen – aber – banter, das neben Brüchen und Verkomplizierungen durchaus regelmäßig Auflösungen erfährt.

Die wesentlich bösartigere und bissigere Variante lieferte mir (bisher) Helge Schneider in seinem Hauptwerk „Mendy das Wusical“, ab hier nachzuempfinden. Die Geschichte dahinter ist bekannt; die Originaltexte entstammen der „Wendy“; allein der Duktus wurde verändert. Der dargestellte Missbrauch des Kindes durch die Mutter erhält seinen komischen Charakter im Widerspruch zwischen moralischer Norm und gesellschaftlicher Realität, die im Übrigen vom hier Gezeigten weniger weit weg ist als der übliche idealisierte Anspruch an die Mutter-Kind-Beziehung.

Das allein rechtfertigt keinen Blogeintrag. Doch nun plötzlich binnen weniger Tage zwei Erfahrungen, die das Schneidersche Theater in dieser Hinsicht noch überbieten! Eins davon ebenfalls aus der Kunst: Der Titel „Hexenjagd“ der etwa zwölften Rachut-Combo „Alte Sau“.
Während jemand mit Recht anbringen könnte, es sei gewaltvoller, die eigene Tochter an des Pferdes statt einem Schlachter auszuliefern, als sie nur zu beleidigen, würde dies nichts daran ändern, dass Jens Rachut, der in Personalunion Mutter und Kind spielt, wie so oft mehr noch am Limit des Erträglichen vorbeiwabert als Helge Schneider, sei es durch die immer wieder erneute Steigerung des Grades der Unangemessenheit der Rede, sei es durch die vulgäre Komponente, sei es durch die deutlich weniger subtile Kritik am gesellschaftlichen Ist-Zustand, den allerdings zweifellos beide Künstler hervorragend zu verzerren wissen.

Es ist ja nun keine Konkurrenz-Situation und in jeder Hinsicht unvergleichbar, allein hat sich nach Kenntnisnahme des Alte Sau-Tracks in mir ein inneres Ranking aufgebaut, innerhalb dessen Helge Schneiders Gewaltinszenierung durch die Lyrics von Alte Sau abgelöst wurden.
Hätte ich nun damit gerechnet, dass wenige Tage später sogar Rachuts Exzesse abgelöst werden würden, und das ausgerechnet von einer real erlebten Szene? Sicher nicht. Und doch wurde ich in einem nicht näher bekannten öffentlichen Verkehrsmittel Zeuge folgender Szene zwischen Mutter und (zweisprachigem) Kind:

Kind (freudig): „Mama, ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist…“
Mutter (unterbricht): „That‘s your problem, not mine.“

Helge, Jens, verneigt euch vor der Wirklichkeit, ihr werdet sie niemals überspitzen können.

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