grillmoebel
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12 Jul 2017
Ist die Schöpfung als solche eigentlich konkurrenzfähig?

Was musste ich da neulich über die Hölle lesen? Sie soll in den ersten Jahrhunderten nach Jesu Tod noch garnicht das Prädikat der ewigen Dauer besessen haben. Habe das nicht durch Recherche überprüft. Es erscheint mir fast zwingend, dass mit dem Grad der Institutionalisierung auch die Menge am Bösen wächst, so dass natürlich das Frühchristentum, wenn auch nicht mehr Freiheit oder Sinnhaftigkeit, mit Sicherheit mehr Nachvollziehbarkeit, Echtheit und tatsächliche emotionale Verbundenheit enthalten haben muss als jede durch Synoden, Konzilien und mittlerweile 2000 Jahre organisierte Firma vergewaltigte Version davon in späteren Zeiten.
Jedenfalls die Hölle. Interessant ist das. Die christliche Erpressung der ewigen Verdammnis wurde also zu Zeiten konstruiert, wo es schon Machtgefüge gab, in denen diese einen Nutzen für die neuen Herrschenden haben konnte. Denn nichts anderes ist sie als Erpressung: Gott legt zunächst fest, dass alle Menschen Sünder sind und dann legt er als einzigen Weg aus dem Schlamassel (entschuldige mein Jiddisch, Allmächtiger) den absoluten Gehorsam fest, und zwar ihm selbst bzw seinem lustigen Dreigespann (Nicäa) gegenüber. Mit welchem Mittel? Naja, wenn du dem nicht Folge leistest, dann gibt‘s nicht etwa ein paar mit der Peitsche oder Knast, nein, noch nicht mal Handabhacken oder lebenslänglich, das reicht dem allguten und allmächtigen Rachegott nicht, es gibt nicht weniger als IMMERWÄHRENDE QUALEN. Rechtsphilosophisch sinnlos, weil so jede Sünde und jedes Verbrechen, das es jemals gab und geben wird, durch die Unverhältnismäßigkeit der Strafe geradezu entschuldigt werden muss; oder anders: Es kann ja gar kein Verbechen geben, für das die Strafe angemessen ist. Ich höre gerade, wir können das nicht an unseren menschlichen Maßstäben messen, was Gott tut. Hm. Na andere hat er uns nicht gegeben.
Die Hölle jedenfalls, bekannt aus zahlreichen Heavy Metal- und Schlagersongs, ist natürlich über die Jahre wieder entschärft worden, als die christlichen Oberhäupter bemerkt haben, dass immerwährende Qualen nicht mehr so gut ankommen, weil das Leben, nun ja, bisweilen halt auch Spaß machte mittlerweile (zB Sex, Drugs, RocknRoll) und gilt nunmehr vielerorts als eine „Ferne von Gott“ (vgl. aktuellere Enzykliken), was sich sehr gut sagen lässt, irgendwie erhaben klingt, im angemessenen Jargon formuliert ist und exakt so viel Inhalt hat wie die meisten Ergüsse der katholischen Theologie, nämlich keinen. Eigentlich fast schon clever, weil es ja auch für mich als Atheistin wahr ist: Wenn ich sterbe, werde ich wohl in einem Zustand der Ferne von Gott befinden. Unter anderem. Die Frage ist, warum mich das stören sollte (siehe obiger Gott). Egal.
Als wäre es nicht wahnwitzig genug, dass über Jahrhunderte irgendwelche Leute mal eben in hitzigen Debatten bestimmen, was nach meinem Tod passiert, mit wechselnden und sich teilweise widersprechenden Ergebnissen, ist es durch die extrem unaufgeklärte bürgerliche Gesellschaft dann auch noch soweit gekommen, dass die Vorstellung von der Hölle als ewiger Verdammnis es doch tatsächlich durch 20 Jahrhunderte bis zu meiner eigenen Kindheit geschafft hat. Es gab da zB ein Kinderbuch, in welchem der noch sehr kleine Bruder einer der Hauptpersonen stirbt und am Ende besteht das Happy End darin, dass alle froh sind, weil der ja in den Himmel kommt.
Geht es noch menschenverachtender? Das Gefühl – verboten. Gute Laune um jeden Preis, Ding Dong, das Kind ist tot. In diesem Beispiel ist der Himmel schlimmer als die Hölle, denn er soll das zur Stärke machen, was die immergrößte Schwäche dieser Religion war: die Frage, warum Gott (allgütig) so etwas zulässt wie Naturkatastrophen, den Holocaust oder eben dass der kleine Bruder stirbt. Die Autor_innen dieses Buches begehen nun die Frechheit, Gott nicht als den Kindervernichter, der er wäre, würde er existieren, darzustellen, sondern als den Guten, der dem Kind ewige Glückseligkeit schenkt. Die kaum zu ertragende Pointe daran ist, dass das Opfer in dem Buch sogar einverstanden mit seiner Himmelfahrt ist (Belege mit Seitenzahlen folgen, sobald ich mich an den Titel erinnere, versprochen!) und der vormals rebellische Bruder danach fromm wird. Kein Scheiß.
So. Stephen Fry sagt zu Recht immer wieder, dass Gott ein Wahnsinniger ist, was er daran fest macht, dass es Kinder mit Knochenkrebs gibt. Ich mag das Beispiel aus Gründen nicht, aber das Wichtige daran ist: Man muss nicht weit schauen, um etwas zu sehen, was so sinnlos und unverschuldet Schrecklich ist, dass es mit keinem allgütigen Wesen vereinbar gedacht werden kann. Oder anders: Man muss gleichsam die Augen komplett verschließen, um etwas derartiges nicht zu sehen.
Das Buch aus meiner Kindheit verschließt die Augen beileibe nicht, sondern sagt: Knochenkrebs bei Kindern? Das ist ok, Gott wird sich schon was bei gedacht haben.
Mit solchen Leuten haben wir es also zu tun, auch heute noch, und die Hölle hat auch auf dem Spielplatz, wo ich nun schon mehrmals Kinder über Allahs Gericht über die Menschen habe diskutieren hören, ihr Comeback. So sie jemals weg war.

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