22 Sep 2016
bringin‘ a snake to a date is like bringin‘ a bike to a déja vu
Beim Verlassen des milliardenschweren Supermarkts.
Angestellte 1 (hinterhältig): „Haben Sie dieses Glas Oliven bezahlt?“
diebischer Elternteil: „Äh, ach, nicht wirklich, hm…“
Angestellte 1 (ungläubig auf den Kinderwagen zeigend): „Darf ich mal einen Blick reinwerfen?“
diebischer Elternteil: „Nein.“ (verlässt das Gelände)
Angestellte 1 ruft als Verstärkung Angestellte 2 herbei. Gemeinsam machen sie sich an die Verfolgung des Kinderwagens.
Angestellte 1 (genervt): „So, bleiben Sie mal stehen jetzt.“
Angestellte 2: „Sie kommen jetzt mal mit zurück.“
diebischer Elternteil: „Nein, ich will hier bleiben.“
Angestellte 1 (zückt drohend ein Smartphone): „Ja, ok, dann…“
diebischer Elternteil: „Wie, rufen Sie jetzt die Bullen?“
Angestellte 2 (übernimmt): „Ja, genau. Selber schuld.“
diebischer Elternteil (zu verhandlundsbereit): „Können wir das nicht irgendwie ohne die Bullen machen?“
Angestellte 1 (verächtlich): „Nein… (erreicht jemanden) Ah hallo, XY hier, wir sind gerade Ecke YZ und hier ist eine junge Frau, die Ladendiebstahl begangen hat und dann gleich mit Kind und Kegel los ist… ja… wir warten hier.“
Es vergeht ein wenig Zeit, in der kein Wort fällt; die Stimmung trieft vor Verachtung.
Angestellte 2 (freudig): „Ah, da sind sie ja schon! Ach Mist, sie gehen ins Geschäft! Ok, jetzt kommen Sie mal mit zurück!“
die junge Frau: „Nein, ich will hier bleiben.“
Angestellte 1 (extrem genervt): „Nein, wir müssen jetzt zurück, die finden uns sonst nicht.“
Es geht eine Weile hin und her; doch letztlich setzt sich nur die Angestellte 1 in Bewegung: „Ich kann ja jetzt nicht die Kollegin mit Ihnen hier alleinlassen! (gestikuliert wild) Hier drüben! Ja, genau! Hier ist der Dieb!“
Es treten 3 Bull_innen in der üblichen Montur auf. Offenbar hatten beide Parteien schon einmal miteinander zu tun.
Angestellte 1 (ausschließlich zu Angestellte 2): „Ah, die kennen wir doch! (selbstbewusst) So sieht man sich wieder! Ha, ha, ha, hier, das ist die junge Frau, mit ihrem Kind.“
die junge Frau mit Kind: „Hallo“
die Bull_innen: „Hallo“
Bullin: „Sie sind also der Ladendieb.“
der Ladendieb: „Ja.“
Bullin: „Und haben Sie was geklaut?“
der Ladendieb (verwirrt): „Hä, na, die haben Sie doch gerufen.“
Bulle: „Ja, aber wir ermitteln ja auch in die Richtung Ihrer Unschuld, nicht nur Ihrer Schuld.“
der Ladendieb (angemessen überrascht): „Achso, das wusste ich garnicht.“
Bulle: „Ja, klar doch, nicht, dass Sie hier falsch beschuldigt werden!“
Angestellte 1 (hat genug): „Hier, dieses Olivenglas! (petzend) Und dann hab ich gefragt, ob ich unten in den Wagen schauen kann, da ist sie ab mit Kind und Kegel!“
der Ladendieb: „Naja, wollen Sie jetzt den Wagen durchsuchen?“
Bulle: „Erstmal Ihren Personalausweis. (gibt ihn einem untergebenen Bullen für irgendeine Überprüfung) Haben Sie noch was geklaut? “
der Ladendieb (enthüllt weitere Kleinigkeiten): „Ja, noch ein paar weitere Kleinigkeiten.“
Bullin (gleicht alle Waren mit dem Kassenzettel ab): „Öl…, Tomatenmark… ja gut, alles da… aha, hier also, Reibekäse, das Olivenglas und ein Glas Brotaufstrich.“
Angestellte 1 nimmt alles gierig in Empfang und will schon zurück zum Laden.
Bullin (hält sie davon ab, zum Ladendieb): „Weigern Sie sich, die Waren herauszugeben?“
der Ladendieb: „Was? Hm… naja den Käse hätt ich schon gern.“
Bullin (lacht herzlich): „Nein, das geht natürlich nicht, ich muss nur formal fragen, ob das für Sie ok ist, wenn die die Waren jetzt mitnehmen oder ob Sie sich weigern, diese herauszugeben.“
Angestellte 1 presst die Waren an sich.
Bulle: „Wollen Sie sich eigentlich äußern?“
der Ladendieb: „Nein, ich möchte mich nicht äußern.“
Bulle (verständnisvoll): „Ja, das müssen Sie ja auch nicht, ok.“
Die Sache mit dem Ausweis dauert an.
Der Ladendieb (ungeduldig): „Und was passiert jetzt?“
Bullin (hilfsbereit): „Naja, die erstatten dann jetzt Anzeige und dann kriegen Sie was mit der Post… aber wenn Sie nicht ständig erwischt werden, würd ich sagen, das wird wohl eher eingestellt… (entschuldigend) also nicht, dass ich Ihnen da was garantieren könnte, aber die Erfahrung sagt das halt…“
Der Ladendieb: „Ah, dann ist ja gut. Und Hausverbot oder was?“
Bullin: „Das müssen die dann aussprechen. Wenn Sie dann hier auftauchen, gilt das als Hausfriedensbruch und der Laden kann Anzeige erstellen.“ (nickt Richtung der Angestellten 1 und 2, diese wirken begierig)
Angestellte 1 (neunmalklug): „Außerdem fällt noch eine Diebstahlgebühr für den Laden an, 75 Euro kriegen wir dann von Ihnen. Achso und (rachelüstern) hiermit spreche ich Ihnen ein Hausverbot aus für 12 Monate.“
der Ladendieb (empört): „Moment. 75 Euro für das bisschen Rennen die paar Meter bis hierher?“
Bullin (unterbricht die zornesrote Angestellte 1): „Nein, die fällt immer an, wie ne Verwaltungsgebühr.“
der Ladendieb (informiert): „Ok. Kann ich mit Karte zahlen?“
Angestellte 1: „Nein, das geht nicht.“
der Ladendieb: „Wie denn dann?“
Angestellte 1: „Nur bar. Wenn Sie nicht genug Bargeld haben, behalten wir Ihren Ausweis als Pfand da und dann müssen Sie wieder mit dem Geld kommen.“
der Ladendieb: „Aber dann muss ich ja das Hausverbot brechen! Nicht dass Sie mich dann gleich nochmal anzeigen!“
die Bullen (nicken zustimmend)
Angestellte 1 (zornig): „Ja, das kriegen wir schon hin. Dann müssen Sie eben…“
Bullin (unterbricht): „Moment, haben Sie gesagt Ausweis einbehalten? Das dürfen Sie doch garnicht.“
Angestellte 1 und 2 (erwischt, im Wechsel): „Äh… nein, natürlich nicht, aber es gibt jetzt so ein neues Prozedere… äh…“
Bulle (autoritär): „Das dürfen Sie auf keinen Fall. Unternehmen können nicht einfach Dokumente einbehalten! Das darf nur die Polizei.“
Angestellte 2: „Ich ruf den Chef an… (ruft an) … Ladendieb … junge Frau… mit Kind … ja, genau … die sagen, das geht nicht … ach das geht, ok! (legt auf) Sie können mit Karte zahlen!“
Bulle und der Ladendieb (im Chor): „Na dann ist ja gut.“
Bullin: „Dann gehen Sie jetzt mit den Angestellten ins Büro und machen das mit der Gebühr.“
das Baby (pupst)
der Ladendieb: „Gut. (wundert sich) Sie kommen auch alle mit?“
Bulle: „Ja, wir begleiten Sie jetzt, bis das über die Bühne ist.“
der Ladendieb wird mit 3 bewaffneten Polizisten durch den Supermarkt eskortiert, bis zu einem kleinen, sehr ungemütlichen Büro. Die entwendeten Waren stehen gut sichtbar auf dem Tisch, um die moralische Verwerflichkeit der Tat zu illustrieren.
Der Ladendieb: „Ist ja gemütlich hier hinten.“
Angestellte 1 schreibt Daten vom Ausweis ab, weil sie ihn nicht einbehalten darf. Dann eskortieren alle den Ladendieb erneut durch den Supermarkt, bis zur Kasse (dem Tatort sozusagen), wo die Gebühr bezahlt wird.
Angestellte 2: „Möchten Sie einen Beleg?“
der Ladendieb: „Natürlich, hat man doch heute schon gesehen, wie wichtig Belege sind. Gut, bis dann!“
Bulle: „Nein, Sie müssen nochmal ins Büro. Da kriegen Sie noch einen Beleg, dass Sie das bezahlt haben, sonst könnten die irgendwann ankommen und sagen, Sie hätten die 75 Euro nicht gezahlt!“
der Ladendieb: „Ok, das ist natürlich wichtig dann!“
Zum dritten Mal schiebt sich die Prozession durch die engen Regalgänge.
Ein Mitarbeiter: „Hallo.“
Der Ladendieb: „Ich habe Ladendiebstahl begangen!“
Der Mitarbeiter (empört sich auf eine ironische Weise): „Das Baby hatten se aber schon vorher, oder? Hahaha!“
Alle lachen, bis auf Angestellte 1 und 2. Zurück im Büro oder Hinterzimmer ist nun auch eine Art Geschäftsführer oder sowas anwesend.
Angestellte 1 (füllt irgendwas aus): „Beruf?“
der Ladendieb: „Warum ist das relevant?“
Angestellte 1 (schwer atmend): „Weil ich das hier ausfüllen muss.“
der Ladendieb: „Ja, aber warum ist das relevant?“
Angestellte 1 (hochroten Kopfes): „Sie stellen ganz schön viele Fragen für jemanden, der gerade LADENDIEBSTAHL begangen und damit die Gehälter von uns allen negativ beeinflusst hat.“
der Ladendieb (komplexe Zusammenhänge begreifend): „Das ist nicht meine Schuld.“
Angestellte 1 (extrem empört und völlig enthemmt): „Natürlich! Sie haben doch gerade WAREN ENTWENDET! Dadurch steigen die Preise und unsere Gehälter sinken…“
der Ladendieb (unterbricht die lächerliche Vereinfachung): „Das ist auch nicht meine Schuld, dass hier ein System am Werk ist, dass Sie dafür bestraft, wenn ich was klaue.“
Angestellte 1 (ehrlich entrüstet): „Aber natürlich! Sie… sie wissen ja, was das für ein System ist … und müssen sich ihm fügen!“
der Ladendieb: „………….oder auch nicht.“
Die Bullen und der Geschäftsführer grinsen.
Der Geschäftsführer (zu Angestellte 1): „Du musst noch eine Kopie machen.“
Angestellte 1 (offen heraus sauer): „Wieso das denn?!“
Der Geschäftsführer (sachlich): „Da steht alles nochmal für die junge Frau hier drauf. Dass sie die Gebühr bezahlt hat und 12 Monate Hausverbot hat. Damit sie es auch nicht vergisst oder niemand was anderes behaupten kann.“
die junge Frau (ernst): „Das kommt sofort an den Kühlschrank.“
Angestellte 1 und 2 (atmen schwer)
Angestellte 1 (zum Geschäftsführer, garstig): „Dann mach du das fertig!“
die junge Frau (final): „Also von mir aus können Sie die 75 Euro gerne auf ihr Gehalt und das Ihrer Kollegen verteilen, damit ich nicht soviel Schaden damit angerichtet habe, dass ich Oliven und Käse geklaut habe.“
Angestellte 1 und 2 verlassen schweigend den Raum, die Bullen grinsen.
Bullin (besorgt): „Haben Sie jetzt auch alles?“
die junge Frau: „Ja, glaube schon. Dieses ganze Hin und Her.“
Die Bullen nicken verständnisvoll und eskortieren die junge Frau ein viertes Mal durch den kompletten Supermarkt.
Die junge Frau: „Na, immerhin durfte ich jetzt nochmal ganz oft durch den Laden laufen.“
Bullin (versteht den Witz): „Stimmt, jetzt haben Sie ja ein bisschen Pause, haha!“
Bulle (gut unterhalten): „Das wars für Sie. Einen schönen Tag noch!“
die junge Frau (ernst): „Ja Ihnen auch und danke für alles!“
Die Ladendiebin bricht das Hausverbot noch unter den Augen der Bullen und kauft sich ein Brot in der supermarkteigenen Bäckerei.
Das Baby (lacht)-