grillmoebel
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29 Jan 2016
Die Septime als Chance

Ich kann nun andererseits auch nicht zu den meisten Ökos gehen, denn ich lehne weder Gentechnik kategorisch ab noch Insekten essen und vielleicht kann man eine (dem Ökosystem abkömmliche) Tierart auch mal nicht mit sehr viel Aufwand vor dem Aussterben bewahren, wenn dieser anderswo sinnvoller gelagert wäre. Damit wäre ich wahrscheinlich bei den meisten Gruppen unten durch, denn riesige streitbare Themenfelder sind bekanntlich stets kategorisch abzulehnen oder in jeder Hinsicht zu unterstützen, dazwischen gibt es nichts. Und so schränken die Leute lieber sich selbst oder ihr Weltbild komplett ein, als dann doch mal zu differenzieren. Da wird sich über Inuit aufgeregt, die Robben jagen, über Leute, die Honig essen, aber sonst keine tierischen Produkte, über Wissenschaftler_innen, die katastrophenresistente Reissamen entwickeln wollen (weil böse Gentechnik). Und anderswo exportieren Leute Waffen überallhin, handeln mit der Arbeitskraft von Gefangenen oder verdienen 100000 Dollar am Tag mit verbrecherischen Jobs. Es mangelt fürwahr nicht an Feindbildern. Ist das vielleicht manifestierte Ohnmacht, immer wieder auf die loszugehen, die eigentlich eher in der richtigen Richtung unterwegs sind? Weil die tatsächlichen Gegner ohnehin als unnahbar gesetzt werden?
Da ist natürlich was dran, wenn man sich diese Feinde mal ansieht, bzw was sie eint, nämlich Macht und Geld. Wer Macht und Geld hat, kann sich besser mit Sicherheitsleuten umgeben oder einen Zaun mit Alarmanlage um sein Villengrundstück herum bauen lassen. Auch ein schöner Nebeneffekt des Kapitalismus: Wenn es mehr Profite bringt, Mensch und Natur auszubeuten, wird der Kapitalist es immer auch tun, woraufhin ihm die erwirtschafteten Profite Schutz garantieren, was nichts anderes bedeutet, als dass ein profitorientiertes System stets diejenigen schützt, die Mensch und Natur ausbeuten. Anders gedacht ist klar, dass Unternehmen auch in „gute“ oder „soziale“ Branchen einsteigen, sobald sich Profite damit erwirtschaften lassen. Und so gibt es nun bioveganen Fraß in jedem Supermarkt und die großen kommerziellen Sicherheitsdienste bewachen Flüchtlingslager. Da die Grundregel jenes Systems aber weiterhin darin besteht, das, was es produziert, sei es jetzt Nahrung oder Sicherheit, möglichst billig zu produzieren, schreien obige Entwicklungen offen heraus, dass das „gute“ und „soziale“ daran so knapp wie möglich gehalten wird, dass doch daran überhaupt nicht liegt. Das ist kein Geheimnis, genausowenig wie, dass private Firmen Knäste betreiben und damit Geld anhäufen. Wie die Herstellung von guten Lebensmitteln und die Fürsorge um Geflüchtete ist auch die Behandlung der faktisch rechtlosen Menschen im Knast eine komplexe Sache, die sensibel und mit viel finanziellem und kognitiven Aufwand betrieben werden muss, sofern Erfolg das Ziel ist. All diese Dinge widersprechen nun aber ganz offen der Profitlogik, so dass jede Form von Privatisierung ganz klar allen hehren Zielen entgegen steht, die menschliche Gemeinschaften immer mal wieder kundtun (Völkerrecht, Menschenrechte, Gesetze).
Und hier springt mir der Punkt fast ins Gesicht, so springend ist er. Auf den Klimawandel (das Thema der Ökotrilogie auf Grillmöbel) bezogen lässt sich nämlich feststellen, dass alle auf Klimakonferenzen beschlossenen Ziele, was Energie oder CO2-Ausstoß angeht, nur durchsetzbar wären, wenn freier Handel stark reglementiert würde. Trotzdem wurden zeitgleich zahlreiche Freihandelsabkommen ratifiziert. Die Weltgemeinschaft, so es sie gibt, entscheidet sich also dazu, völlig konträre Ziele gleichzeitig zu verfolgen. Das funktioniert natürlich nicht, aber es ist auch klar, welche Ziele dann zuerst über Bord gehen. Mit obigen Beispielen verhält sich das ähnlich: Staaten proklamieren irgendwelche Rechte oder (bitte mit einer möglichst verhöhnenden Stimme vorlesen) verankern sie im Grundgesetz und privatisieren gleichzeitig, ordnen sie also dem Profit unter. Was ich damit sagen will:
Es kann per se keinen menschen-, tier- , natur- oder umweltfreundlichen Kapitalismus geben, weil profitorientiertes Handeln allen diesen Dingen absolut widerspricht.
Klar scheint es Vorteile zu bergen, wenn Infrastruktur in bestimmten Bereichen aufgebaut wird (und sei sie auch kapitalistisch motiviert), wo es sie vorher nicht gab, sei es, dass ein Flüchtlingslager funktioniert oder ich nun überall veganes Essen bekomme. Doch: Will ich mich wirklich von Dingen ernähren, die ganz offen mit so wenig Aufwand wie möglich produziert wurden? Will ich Geräte nutzen, deren Herstellung schrecklich stumpfsinnig ist, nichts positives enthält? Will ich, dass Menschen nur soviel Respekt entgegengebracht wird, wie sich bezahlen lässt? Will ich, dass alles, was mich umgibt, ohne Leben, ohne Liebe, ohne Echtheit bleibt? Wie anspruchslos bin ich eigentlich? Ich denke, wir sollten anspruchsvoller sein und das meint nicht, Premium-, Bio- oder handgemachte Produkte zu kaufen, sondern endgültig eine Gedankenwelt zu überkommen, die uns nur die niedersten Ansprüche übrig gelassen hat, uns reduziert hat auf eine kaum mehr menschliche Hülle aus Materie, uns mit lächerlichen Ausgleichsangeboten bei Laune hält, uns gegeneinander in Konkurrenz setzt, uns sozialen Austausch da vorgaukelt, wo am wenigsten ist, uns das Theater der Politik inszeniert, uns jede Möglichkeit nimmt, etwas zu tun, was wir wollen, ohne uns ihr komplett unterzuordnen (Aufzählung SEHR unvollständig).
Das alles ist bekannt.












Für diejenigen, die der Meinung sind, man müsse am Ende doch wieder eine Brücke zum Anfangsthema schlagen oder auch nur diejenigen, die mein Gedankengewusel mehr irritiert als verstehen lässt, sei als Parole oder Handelsmaxime verlautbart: Öko sein geht nicht ohne knallharte Kapitalismuskritik, umgekehrt aber auch nicht.

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