06 Aug 2015

Na los, Oma, hol das Stöckchen!

Neulich habe ich Zeitung gelesen und bemerkt, dass die türkische Regierung den Syrien-Konflikt samt IS und allem Drum und Dran benutzt, um klammheimlich mal eben die Kurden auszurotten (so es möglich ist, klammheimlich mit Bomben zu werfen, aber scheint ja zu funktionieren). Das hat mich wütend gemacht und ich wollte irgendetwas tun, um diese Wut zu zeigen. Vielleicht demonstrieren? Hm. Kommt Deutschland und sagt: „Wenn du demonstrieren willst, muss du das nach den Richtlinien machen, die die neugegründete BRD neunzehnhundertsoundsoviel festgelegt hat.“

Wenn ich also unangemeldet, vermummt oder ohne Polizei demonstriere, kann ich einfach verhaftet werden. Aber was, wenn nun ein Regierungsklüngel an die Macht kommt, der diese Macht missbraucht und einfach alle verhaftet, die ihm nicht in den Kram passen? Naja, dann kann ich mich halt nicht wehren, aber Hauptsache, die Demokratie bleibt standhaft. Ok, es kotzt mich schon ein wenig an, in einem totalitären System zu leben, da kann man schon mal richtig wütend werden. Ich würde echt gerne an der nächsten Zusammenkunft der AfD vorbeigehen und schreien: „Ihr seid Rassisten!“, nur um mal etwas Dampf abzulassen und weil es ja stimmt. Kommt Deutschland und sagt: „Verleumdung ist unter Umständen strafbar.“

Das gibt es doch nicht, ich muss doch irgendwie meine Kritik äußern können. Nein, mache ich lieber was produktives. Eine Wohnung soll zwangsgeräumt werden, für die Familie da drin bedeutet das Obdachlosigkeit. Das ist scheiße, ich setz mich in den Weg. Ich werde weggetragen, aber nicht verhaftet. Irgendwann später kommt die Polizei und sagt: „Geben Sie uns 100 Euro oder wir ermitteln wegen irgendwas gegen Sie.“

Ok, mir reicht’s. Wenn ich schon selbst nichts machen kann, dann vielleicht wer anders, der oder die noch nicht im Visier der Behörden ist. Ich stelle mich auf ein Podest in die Fußgängerzone und gebe den Leuten Ideen mit, etwas gegen diese Ungerechtigkeiten zu tun, Nazis zu blockieren, Schutzehen einzugehen, Wahlen zu verfälschen, im Supermarkt zu klauen, was auch immer, Hauptsache irgendwie die Wut loswerden und dem System schaden. Kommt Deutschland und sagt: „Auch wenn du keine Straftat begehst, darfst du nicht andere dazu auffordern. Selbst wenn nichts passiert, können wir dich allein dafür bestrafen.“

Dass hier konsequent Leuten das Recht, moralisch richtige Entscheidungen zu treffen, aberkannt wird, finde ich unfassbar, meine Wut steigt, ich schreibe mir ein Schild, wo draufsteht „Deutschland, du mieses Stück Scheiße“ und laufe damit durch die Gegend. Kommt die Polizei und sagt: „Wer die Bundesrepublik Deutschland beschimpft oder böswillig verächtlich macht, kann bis zu 3 Jahre ins Gefängnis kommen.“

Ok, ein Staat kann also Diktaturen und Völkermorde indirekt unterstützen, den Tod zehntausender Menschen in Kauf nehmen, die da hin kommen wegen des positiven Images dieses Staates in der Welt, kann die eigene Bevölkerung extrem entmündigen, Nazis hofieren und pausenlos diejenigen mundtot machen, denen das nicht passt und ich darf nichts böswilliges gegen so einen Staat sagen? Das desillusioniert mich ein wenig und ich fahre aufs Land raus, um spazieren zu gehen. Mein Lieblingswaldweg mit den schönen, altehrwürdigen Bäumen am Rand. Kommt der Baumbeauftragte der Gemeinde und sagt: „Bäume im Wald können bei Sturm umfallen und sind daher eine Gefahr für das Leben der Wanderer. Sofortige Abholzung.“
Nachdem man mir jetzt sogar die Freiheit nimmt, von einem herunterfallenden Ast erschlagen zu werden, bleibt nur noch eins, was ich tun kann.