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12 Jul 2015
Eine unbesiegbare arische Supernymphe, die von mir besessen ist - das ist wahrhaftig meine Traumfrau (Adolf Hitler; Danger5 - 2,5)

Leider schon wieder nicht die lange erwartete Fortsetzung, aber so ist das eben bei Grillmöbel, der „digitalen Rebellen-Manufaktur“ (PCgo, 7/2015), konventionelle Blog-Erwartungen sind hier von vorneherein verschwendet, YEAH! Dafür nun plötzlich das hier:

Der Tischkellner bringt die inoffizielle Vorspeise, es handelt sich um einen Grill-Tempehwürfel an Auberginensalat in Chili-Lake, dazu ein mikroskopisch kleines Baguette-Teilchen mit hausgemachtem deftigem Streich und frischer Petersilie. Beides überzeugt im geschmacklichen Gesamtergebnis, wäre in einer höher dosierten Portion aber wohl eine weniger genussvolle Erfahrung. Das Gespräch dreht sich derweil um sexuelle Libertinage.
Kassandra: Ich denke, das mit der sexuellen Offenheit ist so eine Sache. Es ist doch auch in vielen anderen Bereichen so, dass, wenn du anfängst, deine Idealvorstellungen davon in dieser Gesellschaft durchzusetzen, es irgendwann problematisch wird oder zumindest Reibungspunkte gibt. Also die Utopie im kaputten System zu leben.
Georgios: Das verstehe ich nicht ganz.
Kassandra: Also, du kannst ja zB auch nicht einfach sagen, ich lebe jetzt ohne Geld, weil ich Geld scheiße finde und wenn das doch klappt, dann ja, weil vom Überfluss profitiert wird und nicht, weil die Machtstrukturen offen für sowas sind. Und genauso kannst du nicht einfach sagen: „Aber wir sind doch alle so offen, also lasst uns xy machen“, weil auch die Leute, die jetzt vielleicht reflektiert sind, diese ganzen Tabuisierungen und Konventionen, die es im sexuellen Bereich wie sonst kaum irgendwo gibt, völlig gefressen haben und da nicht einfach so rauskommen, nicht mal unbedingt, wenn sie wollen. Bei dir war das vielleicht anders.
Georgios: Ja, jetzt weiß ich, was du meinst. Bei mir war es wirklich anders, ich hatte einfach zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Leute, die mich da hingebracht haben, so dass ich jetzt so sein kann. Auch in dieser Gesellschaft.
Kassandra: Ja, das ist in der Tat Glück und cool, dass es so geklappt hat. Ich denke, ich komme aus vielen Dingen nicht ganz heraus und will es vielleicht auch nicht. Ich kann diese ganze Schiene Sexualität zB überhaupt nicht so nüchtern betrachten, wie du es oft tust. Es hat immer direkt ganz viel mit Emotionen und Leidenschaft zu tun, aber das ist ok und vielleicht wird es irgendwann mal eine andere Phase geben.
Georgios: Ja, das kann doch sein. Oh, der erste Gang kommt.
Kassandra: Wie erster Gang? Wir hatten doch schon einen ersten Gang!?
Georgios: Nein, das war sozusagen die inoffizielle Vorspeise, schau doch mal weiter oben im Text!
Kellner (unterbricht): Als Auftakt haben wir heute Grünen Pancake mit Balinesischem Gewürztofu, Wasabi-Kürbiskernen und Sesamgurke.
Der Grüne Pancake spottet durch die Unmöglichkeit, trotz außerordentlicher Qualität seine Bestandteile zu erschmecken, während der Tofu so „exotisch“ ankommt, wie seine Bezeichnung es provoziert. Nicht erwähnt wurde neben den mit Algen-Meerrettich-Cracker garnierten Hummustürmchen das winzige Stück Morchel, zwischen den zarten Gurken in eigenem Saft schwimmend, mit Abstand der Höhepunkt des bisher ein-gängigen Menüs.
Georgios: Sehr eingängig, das Menü bisher! Höhöhö!
Kassandra: Stimmt, haha!
Ein Straßenmusiker kommt dazu und spielt hervorragend Akkordion, etwas ostfolkig.
Georgios: Hier das hat mich auf eine Idee gebracht.
Kassandra: Ok, was denn für eine Idee?
Georgios: Ich dachte, dass ich meinen Job ja jetzt schon 5 Jahre mache und man kann ja so viel machen!
Kassandra: Ja? Zum Beispiel?
Georgios: Zum Beispiel Koch!
Kassandra: Ja, aber das ist von den Arbeitsbedingungen her schon mal schwierig in nem kommerziellen Restaurant, weil du ja da sein musst, solange Essen angeboten wird.
Georgios: Ja, das stimmt. Aber ich meine ja auch nur, mal was Neues machen. Ich hätt Lust, mich dazu ausbilden zu lassen, weißt du, was ich meine?
Kassandra: Na klar. Ich denke das auch oft, aber Ausbildung zum Koch ist eine der krassesten Ausbildungen, die es gibt, mit superwenig Freizeit und so. Kochen lernen an sich ist ja toll, aber so…
Georgios: Warum muss das so sein?
Kassandra: Naja, weil du, wenn du etwas lernen willst, ja nicht einfach dir das von jemandem zeigen lassen kannst, sondern der Staat kommt und sagt: „Wenn du Koch werden willst, dann bitte nach folgenden Richtlinien und 3 Jahre Ausbildung und am Besten bezahlst du noch was dafür!“ Und deswegen bin ich einfach imemr für DIY-Konzepte. Oder zumindest irgendwas anderes als diesen offiziellen Weg.
Georgios: Oh, warum muss das immer so sein? Warum kann man nicht einfach was neues lernen?
Kassandra: Im Kapitalismus geht es halt nur immer mit Konkurrenz und Professionalisierung und Exzellenz. Deswegen ist der offizielle Weg, etwas zu lernen, immer unfrei.
Georgios: Aber in meinem Berufszweig sind die Leute eigentlich eher unterstützend und lösen für andere Probleme und haben halt Spaß, ohne sich so in Konkurrenz zu sehen.
Kassandra: Das kann sein, dass das da recht ausgeprägt ist, aber da sind auch die Arbeitsbedingungen recht gut und es werden viele Leute gebraucht. Vielleicht macht das auch was aus?
Georgios: Das kann gut sein. Hm.
Kassandra: Vielleicht sollten da mal solidarische Kräfte gebunden und diese Ansätze kultiviert werden, so dass mal eine Art Gegenkultur entstehen kann. Das fände ich erstrebenswert und dieser Computernerd-Bereich hat irgendwie schon Potenzial.
Georgios: Stimmt.
Kellner (unterbricht): Als Aufschwung reichen wir heute unsere Sauer-Scharfe Gemüsesuppe mit Buchweizennudeln und Erbsen-Wantans. Guten Appetit!
Der Straßenmusiker erhält einige Groschen, Geldabfall der Feinschmecker-Community. Die Suppe ist angenehm pikant und während die Nudeln trotz genialer Konsistenz etwas Intensität vermissen lassen, knuspern die Wan-Tan-Taschen bis in den Magen hinein und erfüllen alles mit einem kräuterlastigen Aroma, welches normalerweise seinesgleichen suchen würde, heute aber fast zur Norm wird.
Kassandra: Ich fand diesen Straßenmusiker echt super. So müsste man spielen können! Leider geht’s nicht so gut mit was anderem als Akkordeon.
Georgios: Warum denn nicht?
Kassandra: Naja, ich kann mich ja da schlecht einfach mit ner Ukulele hinstellen oder auch Gitarre, bzw. da müsste man schon sehr innovativ singen.
Georgios: Stimmt. Witzig wär auch mit Schlagzeug.
Kassandra: Hehe, ja und dann in so nem Wagen immer eins weiter fahren.
Georgios: Dann bezahlen dich die Leute, damit du weggehst.
Kassandra: Ich glaube, das wird nie passieren. Die beschimpfen und verprügeln dich, damit du weggehst, aber das andere ist ein Mythos.
Georgios: Ja, wahrscheinlich.
Kassandra: Aber so kann man schon mit wenig Aufwand etwas Geld verdienen. Das doofe an der Musikszene ist, dass da die Konkurrenz sehr ausgeprägt ist, weil du ja auch nicht wirklich viel verdienen kannst, es sei denn, du hast Glück und verkaufst dich dann bis zum letzten und gehst bei allem mit, was Labels, Manager und die GEMA sagen, aber wer will das schon? Und so prügeln sich die vielen nicht genug bekannten Musiker_innen um die schlechten Kneipenauftritte, und wie sollten sie sich auch organisieren?
Georgios: Das ist ne gute Frage…
Kellner (unterbricht): Das Intermezzo bilden heute die Rote Bete Gnocchi im Szechuan-Pfeffersud mit Kirschvinaigrette, eingelegtem Chinakohl und Knusperfeta, lasst es euch schmecken!
Es kommt ein Typ mit Gitarre und singt relativ innovativ dazu. Die Rote-Bete Gnocchi sind ein Gedicht, aber eher eins von Klabund als von Heinz Erhardt, im Pfeffersud befinden sich diverse winzige Gemüseteilchen, die fast einen Fond daraus machen. Chinakohl war nie aromatischer als mit diesen Kirschen zusammen, was überrascht. Einzig der Knusperfeta ist fast schon zu salzig, aber das kann die allgemeine Geschmacksharmonie nicht so einfach obosolet machen.
Georgios: Warum magst du eigentlich keine Animationsfilme?
Kassandra: Ich kann diese Art von Animation einfach nicht sehen, es macht mich wütend, ganz egal, wie der Film ansonsten ist.
Georgios: Aber geht es da nur um so Disney-Pixar Sachen?
Kassandra: Naja, ich bin schon offen für Animation an sich und mag es auch, dass da viel kreatives möglich ist, auch viel absonderliches zum Beispiel. Ja, so Disney-Scheiß ist das Schlimmste, weil es da ja auch darum geht, ein Franchise zu vermarkten und man so mit einem günstig produzierten Film superviel Kohle machen kann, wenn man es nur schafft, Kinder an so was zu gewöhnen und den Merch entsprechend ansprechend zu gestalten.
Georgios: Ja, da stimme ich dir zu. Andererseits gibt’s da aber auch supergute Filme. Du scherst ziemlich viel über einen Kamm.
Kassandra: Ja, das mag sein, aber dann wird’s halt vielleicht zur Geschmackssache und ich habe an so einer bestimmten Animationsweise einfach keinen Spaß. Wallace and Gromit find ich aber super, also so Knet-Zeug.
Georgios: Ich auch, aber warum ist da so ein Unterschied?
Kassandra: Ich weiß es nicht genau, aber was ich brauche, ist halt eher in den ersten Star-Wars-Filmen Jabba.
Georgios: Du meinst aber nicht Yoda? Das ist ne Puppe.
Kassandra: Nein Jabba, das fette Schnecken-Schleim-Monster. Aber Yoda als Puppe find ich auch gut. Irgendwie ist das für mich halt befriedigender, weil ich dann das Gefühl habe, da hat sich wer was krasses ausgedacht und sich nicht einfach an den Computer gesetzt.
Georgios: Aber ich hab das ja auch schon ein bisschen gemacht und ich kann dir sagen, dass am PC animieren sehr kreativ und sehr arbeitsintensiv ist.
Kassandra: Ok, ja, da war ich etwas voreilig. Vielleicht ist es was anderes.
Kellner (unterbricht): Als Hauptgang servieren wir heute Seitan-Zwiebelrostbraten mit Möhrchen in Paprikajus, Kartoffelpüree und natürlich der Süßkartoffelflan!
Der Gitarrist ist fertig, die Leute ob der Straßenmusikdichte nicht so spendenfreudig. Der deftige Anteil des Hauptgangs ist exakt richtig und die Schmortomate, die der Kellner zu erwähnen vergessen hat, ergänzt sich perfekt mit den Röstzwiebelstreifen. Der Süßkartoffelflan enttäuscht höchstens Leute, die gutes Essen hassen. Einige Beeren diverser Couleur runden den Höhepunkt des Menüs ab.
Georgios: Und, bist du dahintergekommen, woran es liegt?
Kassandra: Ich glaube, ja. Und zwar habe ich mal einen Film von Werner Herzog gesehen, wo es drum geht, dass ein etwas wahnsinniger Typ, von Klaus Kinski gespielt…
Georgios: Ah, von dem kenn ich nur die Videos, wo er sich aufregt.
Kassandra: Ahja, da auf dem Friedhof und so. Ja, das ist auch großartig. Jedenfalls spielt er einen, der im peruanischen Dschungel ein Opernhaus bauen möchte. Und dann sind die wirklich da hin, ohne zu wissen, wie die nativen Stämme, die da leben, ticken und haben denen die Idee vermittelt. Natürlich gab es da Reibungen, aber so entstanden ziemlich echte Szenen. An einer Stelle geht es dann darum, dass dieser Exzentriker dann ein Schiff über einen kleinen Bergrücken von einem Fluss zu einem Nachbarfluss ziehen will. Dazu bauen sie dann riesigen Züge und mit ganz vielen Baumstämmen und sehr viel Menschenkraft ziehen sie dann das riesige Teil darüber. Jetzt kommt der Punkt: Die haben das damals beim Dreh einfach auch gemacht! Und bei mir ist es so, dass ich das irgendwie merke, wenn ich diesen Film ansehe. Und deswegen ist mir ne Puppe, also ein echter Gegenstand immer lieber als etwas computeranimiertes. Also auch wenns total scheiße aussieht wie bei Star Trek oder Raumpatrouille Orion, ich hab einfach weniger das Gefühl, beschissen zu werden.
Georgios: Ja, das verstehe ich. Aber es ist doch heute in jedem Film alles mögliche nicht echt, Bluescreen, Greenscreen, dann wird die halbe Landschaft dazuanimiert…
Kassandra: Ja und da wird nie dieses Gefühl aufkommen wie bei diesem Kinski-Film. Ich weiß, dass es ein hoher Anspruch ist und viel anstrengender, aber grade so der Unterschied Star Wars 1-3 und Herr der Ringe oder sowas zeigt doch, dass da was dran ist. Naja, irgendwie hab ich das einfach seit diesem Film.
Georgios: Also ich seh das anders. Aber ist interessant.
Kellner (unterbricht): So und nun das Finale. Da haben wir Möhren-Cheesecake mit Zwetschgencrème und unserem selbstgemachten Holunderblüteneis.
Ein merkwürdiges Quietschen kommt immer näher. Ein bisschen wie ein quengelndes Kind und ein Badeentchen gemischt. Es ist ein Typ mit Rauschebart, bizarrer Kleidung und einem Instrument, das nur dazu da ist, diese merkwürdigen Töne zu erzeugen. Er hält dem Kellner eine Hupe hin, der drückt und es kommt ein SEHR alberner Ton heraus. Der Typ geht weiter, verschenkt eine Art Blütendolde an einen anderen Gast und hält dann die Hand auf. Nachdem er angemessen bezahlt wurde, darf auch der Gast einmal hupen und der Typ geht zum nächsten Job. Der Cheesecake ist umwickelt von allerlei gezuckerten Beeren, die seiner unglaublichen Konsistenz etwas passendes entgegensetzen. In der Zwetschgencréme liegt diverses Kleingebäck, eines ist mit Dattel, köstlich, ein anderes scheint einfach aus Luft zu bestehen, aber aus sehr leckerer Luft. Unterschlucken ist unnötig, der Keks wird sofort eins mit der Person, die ihn isst. Die Krönung ist aber ohne Frage das Holunderblüteneis, eine Sorte so exquisit, obwohl sie an zahlreichen Bäumen umsonst zu holen ist. Allein die Schokoladensoße bräuchte es nicht, sie übertüncht mehr denn sie erfreut. Dennoch ein einzigartiges Finale.
Georgios: Und? War es ne Überraschung?
Kassandra: Klar, und super. Ich vergesse einfach immer, dass es sowas gibt.
Georgios: Ich war jetzt schon 3 mal da, aber schon immer zu einem guten Anlass.
Kassandra: Naja, Anlässe schaffen wir uns ja meistens selber.
Georgios: Stimmt schon, aber trotzdem ist es einfach ein unglaubliches Erlebnis.
Kassandra: Das ist wahr. Wie viel wird das denn kosten, wenn ich fragen darf?
Georgios: 49.
Kassandra: Pro Person?
Georgios: Ja.
Kassandra: Das ist schon ganz schön krass. Naja, aber es wundert mich ja fast nicht. Wollen wir eigentlich los?
Georgios: Wäre gut, ja. Wir haben ja alles gegessen.
Kassandra: Ja. Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt zum Gehen.
Der Kellner (findet niemanden vor): Zuhause esse ich nur Frühstücksfleisch.

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